Samstag, 24. Januar 2009
 
Rüstung: "Schlafende Hunde soll man nicht wecken" PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Stefan Meisterle   
Donnerstag, 5. April 2007

Die in den letzten Wochen ventilierten Meldungen über angeblich im Irak aufgefundene Scharfschützengewehre der Firma Steyr-Mannlicher böten die Chance, der Öffentlichkeit einen Geschäftszweig der österreichischen Exportwirtschaft bewusst zu machen, der zumeist außerhalb der medialen Berichterstattung operiert: die heimische Waffenindustrie.

Mit Erleichterung dürfte man in bei Steyr-Mannlicher eine vom US-Armeekommando am Donnerstag letzter Woche kommunizierte Mitteilung vernommen haben, die den oberösterreichischen Waffenfabrikanten von der Schuld freispricht, die Verantwortung für illegale Waffenimporte in den Irak zu tragen. Damit wurde ein Bericht des Daily Telegraphs widerlegt, demzufolge in Bagdad 100 Scharfschützengewehre österreichischer Herkunft sichergestellt wurden, die über den Iran in das Land gelangt wären. Da die österreichische Regierung im Jahr 2005 eine Lieferung entsprechender Waffen in den Iran bewilligt hatte, sorgte diese Anschuldigung für einige diplomatische Aufregung und führte zu einem vorläufigen US-Boykott gegen Steyr-Mannlicher. Wenngleich diese konkreten Vorwürfe nun entkräftet wurden, sollte man nicht über die Tatsache hinwegblicken, dass österreichische Waffenproduzenten, allen voran Steyr-Mannlicher und das in Wien bzw. Niederösterreich ansässige Unternehmen Glock weiterhin auf Waffenmärkte im Nahen Osten, aber auch in anderen Krisengebieten drängen.

Auslagerung der Produktion

Der 1998 von den EU-Mitgliedsstaaten vereinbarte Code of Conduct on Arms Exports, der u.a. eine höhere Transparenz europäischer Waffenexporte vorbereiten und eine Einschränkung der Geschäfte in Krisenregionen ermöglichen sollte, stellt für Waffenlieferungen in eben diese Regionen jedenfalls längst kein Hindernis mehr dar. Durch die Auslagerung der Produktion in Drittstaaten (im Falle Steyr-Mannlichers nach Malaysia, während Glock den arabischen Raum über die Lizenzproduktion in Dubai erschließen will) werden internationale Abkommen umgangen und die Aktivitäten der Unternehmen gleichzeitig dem öffentlichen Diskurs entzogen.
So agiert Glock, einer der größten westeuropäischen Hersteller von Pistolen, beinahe vollkommen im Verborgenen und verweigert sogar die Preisgabe grundlegender Informationen über Unternehmensstruktur oder durchgeführte Geschäfte, dürfte ernstzunehmenden Schätzungen zufolge jedoch einen jährlichen Umsatz von 100 Mio. Euro machen.

Politische Rückendeckung

Umso erstaunlicher mutet in Anbetracht dieser Intransparenz die Bereitschaft der österreichischen Regierungen an, die Waffengeschäfte dieser Unternehmen nach Kräften zu unterstützen. Zuletzt erteilte Wirtschaftsminister Bartenstein am 20. Jänner dieses Jahres der Firma Glock abermals die Bewilligung, einem neuen Auftrag der US-Armee, irakische Sicherheitskräfte mit Kleinfeuerwaffen auszustatten, nachzukommen. Peter Pilz strich in diesem Zusammenhang in einer Anfrage vom 16. Februar an den Wirtschaftsminister hervor, dass laut Medienberichten ein beträchtlicher Teil der in den Irak importierten Waffen umgehend auf dem Schwarzmarkt landet, woran sich die österreichische Regierung jedoch nicht gestoßen haben dürfte. Die erwähnte Lieferung der Steyr-Mannlicher-Gewehre an den Iran ist daher alles andere als ein Einzelfall, wie eine Vielzahl vergleichbarer Exportgeschäfte österreichischer Waffenproduzenten etwa nach Zimbabwe, Pakistan oder in südamerikanische Staaten verdeutlichen. Hinter einer Mauer des Schweigens und Verbergens werden Steyr-Mannlicher und Konsorten mit Unterstützung der Regierung solange ihren fragwürdigen Geschäften nachgehen, solange sie sich der öffentlichen Wahrnehmung entziehen können. Umso hintergründiger erscheinen daher die Worte des neuen Eigentümers von Steyr-Mannlicher, Franz Holzschuh, der, von der Wiener Zeitung auf die Affäre der Scharfschützengewehre im Irak angesprochen, verkündet: „Schlafende Hunde soll man nicht wecken. Ich bin froh, dass Gras über die Sache gewachsen ist.“


Webtipps:

http://www.controlarms.at/
http://www.smallarmssurvey.org/files/sas/publications/o_papers_pdf/2005-op16-west_europe.pdf
http://rpoth.at/pastwork/kleinwaff_oest.shtml

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